Vermittlung Magazin

OdeonMusik IV

Der künstlerische Leiter Hannes Löschel im Interview

Am 1. März startet die vierte Auflage von OdeonMusik im Wiener Odeon. Erneut hat der künstleriche Leiter Hannes Löschel ein spannendes Programm im Zwischenbereich von Musik, Tanz und Performance zusammengestellt. Im Interview mit Axel Petri-Preis spricht er über das Programm von OdeonMusik IV, die Positionierung und die ungewisse Zukunft des Festivals.

 

terz: Was erwartet das Publikum beim diesjährigen OdeonMusik?

 

Löschel: Am ersten Abend gibts eine kleine Verbeugung vor John Cage, weil gerade in der interdisziplinären Kunst Cage ein Pionier war. Natürlich, oder eigentlich zum Glück, klingen seine Musik und seine Kunst heute historisch. Aber wir verbeugen uns zB vor seiner Collagetechnik, die er als einer der ersten in aktueller Musik etabliert hat, indem wir einige der Stücke gleichzeitig spielen. Cage hat ja mal auf die Frage, ob er Beethoven-Symphonien gerne höre, geantwortet : "Ja!, am liebsten alle zugleich!"

Im zweiten Teil die Installation Elektro Altar von Angélica Castelló, ein Beispiel dafür, wie ein Raum Musik erhöhen und überhöhen kann. Eine Performance über das lustvolle Verhältnis zwischen dem "Billigen" und dem "Heiligen" als Anknüpfungspunkt an Cage.

Der zweite Tag ist dem Meer gewidmet. Die Musiktheaterinstallation Miranda – eine Überlandpartie ist eigentlich die Fortsetzung einer Kooperation mit dem Filmarchiv Austria und einem dort sehr kreativen Mitrbeiters, dem Schriftsteller Thomas Ballhausen. Gemeinsam haben wir unter dem Titel Wien\Schnitt\Bild Filme vertont. Die Fortsetzung sollte sich weg von der Stadt bewegen unter dem Titel Über\Land\Partie. Übrig blieb ein Text zum Thema Insel, eine Bearbeitung des Sturm-Stoffes von Shakespeare. Parallel dazu bin ich auf Fieldrecordings von Peter Kutin vom Nordwestbahnhof, der ja in unmittelbarer Nachbarschaft des Odeons liegt, aufmerksam geworden.  Zudem waren gerade einige neue Songs im Entstehen. Das alles fügt sich nun in eine kurze Musiktheaterinstallation über eine Insel, das Wetter und das Wegwollen.  Der Bühnenraum ist dabei sehr spärlich besetzt. Im zweiten Teil des Abends wird dann von 200 MusikerInnen und 8 SolistInnen Sciarrinos Studi per l’intonatione del mare zur Aufführung gebracht. Sicher ein Höhepunkt des diesjährigen Festivals.


Am dritten Abend ist sicher die Begegnung von  Konrad Rennerts … SPEAK WHAT WE FEEL, NOT WHAT WE OUGHT TO SAY … mit der Geschichte der Räumlichkeiten des heutigen Odeon zentral. Dort war unter nationalsozialistischer Herrschaft ein Zensurbüro eingerichtet. Um dieses sehr verdichtete Stück herum gibt es einen bunten Abend mit Duos, wie etwa Duthoit Hautzunger, oder Rdeca Raketa von Maja Osoinik und Matija Schellander und einem Duo des chinesischen Tänzers und Choreographen Jianan Qu und mir. Zum Schluss spielen unsere einzigen heurigen Gäste Dans les arbres aus Frankreich und Norwegen Kammermusik mit präpariertem Klavier, Gitarre, großer Trommel und Klarinette.

 

terz: OdeonMusik ist ein relativ junges Festival. Wie schwierig ist eine klare Positionierung?

 

Löschel: Nach den anfänglichen Abtastversuchen immer leichter. Über die letzten zwei Jahre hat sich unter OdeonMusik spartenübergreifend so etwas wie eine Corporate Idendity entwickelt, mit einem Kreis an MusikerInnen und KünstlerInnen - als TeilnehmerInnen oder FeedbackgeberInnen oder beidem - durch die sich das Festival immer besser positionieren konnte.

 

terz: Haben Sie das Gefühl, dass sich OdeonMusik in der Wiener Neue Musik-Szene bereits etablieren konnte?

 

Löschel: OdeonMusik ist der Versuch, ein Publikum an der Schnittstelle zwischen Musik, Theater, Tanz und Performance zu erreichen und wendet sich bewusst auch einem Nicht-Fachpublikum zu, sodass der Wille nach Etablieren in einer Neue Musik-Szene  vielleicht überlagert wird von der Absicht, eine interessierte Szene der Aktuellen Kunst, Musik und Performance abseits der Sparten und Spezialisten anzusprechen oder vielleicht sogar zu kreieren

 

terz: Als 2008 von der Wiener Theaterjury die Förderung der Sparten OdeonMusik und OdeonTanz empfohlen wurde, sprach sie von einer jährlichen Veranstaltungszeit von sechs Wochen. Die jährliche Spielzeit ist allerdings tatsächlich beträchtlich kürzer. Woran liegt das?

 

Löschel: Zum Zeitpunkt der Idee sechs Wochen zu spielen, war noch nicht das Ausmaß klar, in dem OdeonMusik als Spartenpartner des Odeon durch eine Rückfinanzierung in Form von Mieten das Haus mitunterstützen sollte. Es stellte sich dann heraus, dass ein mehrwöchiges Produzieren am Haus durch diese Aufgabe, aber auch durch die Zeitdisposition am Haus insgesamt nicht, oder vorerst nicht, realisierbar ist.

Jetzt sind wir im Schnitt zwei bis drei Wochen mit Proben und Vorbereitungen am Haus und haben davon acht bis zehn Aufführungstage (zum Teil mit mehreren Aufführungen bzw. Doppelkonzerten). Das ist eine sehr komprimierte Form des Produzierens, die natürlich einerseits zu klaren Konzepten herausfordert, die andererseits aber sicher Lust auf Ausdehnung macht.

 

terz: Sie sind bei OdeonMusik nicht nur künstlerischer Leiter, sondern auch artist in residence. Was ist ihr Anspruch als artist in residence?

 

Löschel: Da meine künstlerischen Arbeiten ursprünglicher Anknüpfungspunkt an das Haus waren, habe ich versucht, mit eigenen Projekten, wie der Musiktheaterinstallation Miranda – eine Überlandpartie oder Wien\Schnitt\Bild Rahmen zu schaffen, die den formalen Anspruch an spartenübergreifendem Arbeiten praktisch belegen und im Idealfall Initialzündungen setzen. Es gab mir auch die Möglichkeit, von einem Kreis mir vertrauter MusikerInnen und KünstlerInnen ausgehend immer weitere Kreise zu ziehen und solcherart einen Ansatzpunkt zu haben, den KünstlerInnen- und MusikerInnen-Pool auszudehnen.

 

terz: Wie sieht Ihre Planung für OdeonMusik über das Ende der Förderperiode 2013 aus? Stünden Sie weiter als künstlerischer Leiter zur Verfügung?

 

Löschel: Im Moment gibts keine Budgets für 2012 und 2013. OdeonMusik IV basiert auf budgetären Ressorcen des Vorjahres. Wir sind Teil eines Hauses, dessen weitere Zukunft über 2013 hinaus erst entschieden werden muss. Alle Beteiligten sind um Lösungen bemüht, Grundvoraussetzungen zu schaffen bzw. auszubauen, die den Fortbestand des Hauses als Dreispartenhaus etablieren und sichern können. OdeonMusik ist nicht unmittelbar in diese Entscheidungen eingebunden. Sollten diese Entscheidungen, die sicher richtungsweisend sein werden, gefallen sein, kann ich mir eine Fortsetzung meiner Arbeit hier – vor allem auf künstlerischer Ebene – sehr gut vorstellen.

 

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