Vermittlung Magazin

"Ich respektiere jedes einzelne meiner Instrumente."

Isabel Ettenauer im Gespräch 

Axel Petri-Preis traf die Toy-Piano-Spielerin und Pianistin Isabel Ettenauer zum Gespräch, das sich um ihre Vorliebe für den Zirkus, die Zusammenarbeit mit KomponistInnen und die Faszination des toy pianos drehte.

 

terz: Du hast am vergangenen Wochenende (17.8.2012, Anm.) bei der ISA Sommerakademie mit jungen KlavierstudentInnen gearbeitet. Wie offen hast du die jungen PianistInnen gegenüber neuer Musik und deinem Instrument, dem toy piano, erlebt?

 

Ettenauer: Der Workshop bei der ISA war mein erster mit jungen PianistInnen, bisher hatte ich solche Workshops vor allem im Ausland und nur mit KomponistInnen. Das war nun das erste Mal, dass sich KlavierstudentInnen für das toy piano interessiert haben und ich war überrascht, dass sich so viele gemeldet haben. Es gibt dort ansonsten ganz klassische Meisterkurse, aber für meinen Workshop hat sich die Mehrheit der TeilnehmerInnen angemeldet. Alle waren sehr am toy piano und an neuer Musik interessiert. Sie waren total offen und sehr begeisterungsfähig. Das hat mich natürlich auch sehr begeistert. Ich habe ihnen natürlich einiges über die Geschichte des toy piano erzählt, über das Repertoire, die verschiedenen Techniken und habe ihnen auch unterschiedliche Modelle gezeigt. Danach habe ich die TeilnehmerInnen selbst das toy piano ausprobieren lassen. Dazu habe ich ein zweistimmiges Stück von Otto Lechner, Otto’s Seven, gewählt und acht oder neun PianistInnen konnten gleichzeitig spielen. Sie saßen zu zweit an den größeren toy pianos und jeder hat eine Stimme blattgelesen. Das hat wirklich toll funktioniert und es hat ihnen viel Spaß gemacht. Viele TeilnehmerInnen sind dann auch am Abend zu meinem Konzert gekommen und von einigen habe ich nachher noch die Rückmeldung bekommen, dass es für sie ein riesiges Erlebnis war.

 

terz: War für viele nicht nur das toy piano, sondern auch zeitgenössische Musik Neuland oder waren auch einige PianistInnen dabei, die Erfahrung damit hatten?

 

Ettenauer: Ich hatte schon den Eindruck, dass das eher Neuland war. Ich habe zwar nicht direkt gefragt, wer schon zeitgenössische Musik gespielt hat, habe mich eher auf das toy piano konzentriert, aber mir ist schon aufgefallen, dass viele schon sehr verwundert geschaut haben, als ich ihnen die Partitur zu Music for amplified toy pianos von Cage gezeigt habe. Es ist das zweite Stück, das John Cage nach der legendären Suite for toy piano von 1948 komponiert hat. Das Stück ist aleatorisch und die Partitur besteht aus transparenten Blättern mit Punkten und Strichen, die man selbst anordnen muss. Als ich ihnen dann die Noten zur Suite for toy piano gezeigt habe, waren sie erleichtert und haben gesagt: "Das ist unsere Welt". (lacht)

 

terz: Die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts nimmt in der Ausbildung immer noch einen sehr kleinen Stellenwert ein. Ist das ein Befund, den du auch aus deiner eigenen Ausbildung teilen kannst?

 

Ettenauer: Ich glaube, das trifft vor allem auf das Konzertfach zu. Gerade in der Pädagogikabteilung in Wien gibt es mittlerweile seit Jahrzehnten eine ganz starke Bewegung zur neuen Musik. Zum Glück war ich auch in dieser Abteilung und das hat mich auch infiziert. Ich denke schon, dass es im Konzertfach nach wie vor größtenteils gewisse Hemmschwellen gibt, obwohl es ja immer mehr junge Professoren gibt, die für alles offen sind. Ich denke da zum Beispiel an Christopher Hinterhuber.

 

terz: Gab es in deiner Ausbildung so etwas wie eine zentrale LehrerInnenpersönlichkeit?

 

Ettenauer: Ich habe eigentlich immer zum richtigen Zeitpunkt einen neuen Lehrer oder eine neue Lehrerin gefunden. Eigentlich war auf meinem Weg, in meiner Ausbildung jede und jeder Einzelne zum jeweiligen Zeitpunkt wichtig. Alles zusammen hat dann für mich ein optimales Ganzes ergeben. Natürlich muss ich schon sagen, dass während dieser drei Jahre an der musikpädagogischen Abteilung in Wien (Universität für Musik und darstellende Kunst, Anm.) der größte Impuls die "Wiener Tage der zeitgenössischen Klaviermusik" waren. Die hatten zwar mit meinem eigenen Klavierlehrer nichts zu tun, allerdings habe ich da Leute kennen gelernt, die mich sehr geprägt haben, sei es Ursula Kneihs oder Emmy Henz-Diémand, zu der ich nachher in die Schweiz studieren gegangen bin. Beiden habe ich sehr, sehr viel zu verdanken, was den Weg Richtung zeitgenössische Musik betrifft.

 

terz: Du hast mit 7 Jahren begonnen Klavier zu spielen. Ist das Klavierspielen seither eine ununterbrochene Liebe oder gab es auch Krisen?

 


Ettenauer
: Krisen gab es eigentlich keine. Ich habe es als Kind sehr locker genommen, habe zwar immer gerne gespielt, aber komplett ohne Druck. Es war immer mein eigener Wunsch und ist nicht vom Elternhaus ausgegangen und auch meine damalige Lehrerin hat mich nie unter Druck gesetzt. Als sie mich einmal gefragt hat, ob ich an "Jugend musiziert" teilnehmen möchte, lehnte ich dankend ab und dachte mir, dass ich lieber schwimmen ginge als stundenlang zu üben. Mit 15 wollte ich das dann aber intensiver betreiben. Ich habe Lehrer gewechselt und von diesem Zeitpunkt an auch viel, viel mehr und intensiver geübt.

 

terz: Mittlerweile ist die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts dein Kernrepertoire. Wann hast du dich dazu entschlossen, dich darauf zu spezialisieren?

 

Ettenauer: Da komme ich wieder auf die "Wiener Tage der zeitgenössisches Klaviermusik" zurück. Die waren 1993 für mich die Initialzündung. Der erste Kurs war John Cage gewidmet und er wäre auch gekommen, wenn er nicht im Jahr zuvor leider verstorben wäre. Dort habe ich zum ersten Mal Musik von John Cage gehört und das hat mein ganzes Leben verändert. Bis dahin habe ich klassisches Repertoire gespielt, habe von den neueren Sachen kaum etwas gekannt und war zum Teil auch ablehnend eingestellt und mit vielen Vorurteilen belastet. Die habe ich dann sehr schnell alle abgelegt.

 

terz: Bist du da auch erstmals mit dem toy piano in Berührung gekommen?

 

Ettenauer: Also zum ersten Mal mit toy pianos in Berührung gekommen bin ich eigentlich schon als Kleinkind, weil ich da so ein Instrument hatte. Aber damals habe ich mich sehr nach einem großen Klavier gesehnt. Aber die Suite for toy piano habe ich dort zum ersten Mal gehört, ebenso Stücke für präpariertes Klavier. Das hat mich total aus den Socken geworfen. Ich bin nach dem Kurs nach St. Pölten gefahren und habe noch in derselben Nacht mein Klavier mit Schrauben und anderem Zeug von meinem Vater präpariert. (lacht) Ich habe natürlich auch gelernt, dass dem Klavier nichts passiert, wenn man die Präparierung sorgsam macht.

 

terz: Du hast bereits erwähnt, dass John Cage 1948 mit seiner Suite for toy piano das Instrument für Komponisten salonfähig gemacht hat. Trotzdem ist das toy piano als Konzertinstrument noch immer nicht sehr bekannt. Was ist für eine Interpretin / einen Interpreten die Herausforderung, mit diesem Instrument zu arbeiten?

 

Ettenauer: Ich denke, dass das toy piano in den letzten zehn bis zwanzig Jahren einen riesen Aufschwung erlebt hat und inzwischen PianistInnen auf der ganzen Welt das toy piano spielen. Auch das Repertoire wird immer größer. Eigentlich ist es ein Instrument, das boomt. Die Faszination liegt einerseits darin, dass es natürlich optisch sehr reizvoll ist. Das sind sehr kleine Instrumente, die sofort auch einen theatralischen Aspekt mit sich bringen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch der klangliche Aspekt. Rein klanglich hat das toy piano ja mit einem Klavier überhaupt nichts zu tun, da es statt der Saiten Metallstäbe hat, die entweder durch Plastik- oder Holzhämmerchen angeschlagen werden. Das ergibt einen ganz einzigartigen, mit nichts vergleichbaren Klang. Am ehesten ähnelt der Klang noch einem Glockenspiel oder einer Celesta, in gewisser Hinsicht auch einem Cembalo, weil es sehr metallisch klingt. Das gibt den KomponistInnen natürlich die Möglichkeit, völlig neue Klangräume zu erkunden und viele gehen auch viel unbelasteter daran, ein neue Stück zu schreiben, als für das Klavier, das eine so lange Tradition als Konzertinstrument hat. Toy pianos tragen auch immer eine gewisse Mikrotonalität in sich, weil jedes einzelne Instrument anders verstimmt ist. (lacht) Es gibt Stücke, die zwei oder mehr toy pianos verwenden und mit dieser Mikrotonalität spielen. Manchmal werde ich gefragt, wie man ein toy piano rein stimmen könnte, aber die Frage ist: Will man das überhaupt? Man könnte die Instrumente natürlich manipulieren, indem man die Klangstäbe absägt oder sie künstlich verlängert, aber das habe ich nie gemacht. Ich respektiere jedes einzelne meiner Instrumente wie es ist. Ich habe mittlerweile zweiunddreißig, ein dreiunddreißigstes ist gerade auf seinem Weg zu mir und jedes Instrument ist ein eigener Mikrokosmos. Deshalb verwende ich auch gerne viele Instrumente in einem Konzert, weil ich dann fast jedes Stück auf einem anderen Instrument spielen kann, was das ganze noch viel spannender macht.

 

terz: Woher beziehst du deine Instrumente?

 

Ettenauer: Teilweise werde ich von der Firma Schoenhut sehr gefördert. Albert Schoenhut war der Erfinder des toy pianos, ein Deutscher, der nach Amerika ausgewandert ist, so wie Henry E. Steinway (vor seiner Auswanderung Heinrich Engelhard Steinweg, Anm.). Er hat 1872 das toy piano erfunden und seither gibt es auch die Firma, die nun allerdings in China produziert. Bis vor einigen Jahren war die Fabrik in Florida, der unheimliche Konkurrenzdruck zwang die Firma jedoch dazu, das Werk nach China zu verlegen. Der Markt in Amerika ist am Spielzeugsektor riesig. Die Firma Schoenhut hat mir immer wieder Instrumente zur Verfügung gestellt und der Rest meiner Sammlung stammt eigentlich von Flohmärkten und Auktionen. Das sind dann alte Instrumente unterschiedlicher Firmen, zum Beispiel Michelsonne.

 

terz: Musstest du dir für das toy piano eine eigene Technik erarbeiten?

 

Ettenauer: Ja, eine gewisse toy piano Technik muss man sich erarbeiten, das ist ganz klar. Die Instrumente sprechen ja ganz anders an als ein Klavier, aber auch zwischen den Instrumenten gibt es natürlich wieder ganz viele Unterschiede. Inzwischen kenne ich die Eigenheiten meiner Instrumente sehr gut. Es gibt zum Beispiel ein Instrument, das ich immer für die Suite for toy piano von Cage verwende. Das Instrument nenne ich mein Red Bulgarian. Es ist natürlich rot und ich habe es bei einer Auktion aus Bulgarien erworben. Das Instrument kam in vielen Teilen bei mir an und ich musste es erst wieder zusammenbauen, ist aber jetzt eines der schönsten Instrumente, die ich habe. Es hat auch Holzhämmerchen und einen sehr warmen Klang. Dieses Instrument hat die Eigenheit, dass auf manchen Tasten Tonrepetitionen nicht so gut funktionieren und da muss ich dann eben eine eigene Technik anwenden, damit es doch klappt. Es ist eben ein Spielzeug. Ich glaube, das Entwickeln der Technik hört nie auf.

 

terz: Mittlerweile haben zahlreiche KomponistInnen Stücke speziell für dich komponiert. Wie kommen diese Kompositionen zu Stande. Gehst du zu den KomponistInnen oder kommen sie zu dir?

 

Ettenauer: Es kommt beides vor. Sehr oft ist es ein gegenseitiges aufeinander Zugehen. Manchmal ist ein Komponist in einem meiner Konzerte und denkt sich, das würde mich auch interessieren. Dann gibt es aber auch Komponisten, die ich bewundere und die ich dann auch direkt frage. Manchmal kommt auch ein Auftrag von außen. Für ein Konzert im ORF Innsbruck hat zum Beispiel Wolfgang Praxmarer angeregt, einige Stücke in Auftrag zu geben, darunter eines bei Manuela Kerer, die ich bis dahin nicht kannte. 

 

terz: Bist du dann in der Regel in den Kompositionsprozess auch miteinbezogen?

 

Ettenauer: Sehr oft schon. Meistens besuchen mich die Komponisten und schauen, welche Instrumente es gibt und was man damit machen kann. Manchmal borge ich auch ein Instrument her, das war zum Beispiel bei Karlheinz Essl der Fall, der eines meiner ersten Konzerte mit toy pianos veranstaltet hat (2001 im Essl Museum, Anm.). Bei ihm war sehr schnell das Interesse da, ein Stück zu schreiben. Er ist natürlich ein erfolgreicher Komponist und deshalb auch viel beschäftigt. Deshalb hat es auch ein paar Jahre gedauert, bis er sich wirklich aufraffen konnte, etwas zu schreiben....

 

terz: ...und mittlerweile ist er auf den Geschmack gekommen.

 

Ettenauer: (lacht) Absolut, er schreibt jetzt gerade sein siebentes Stück für toy piano. Das ist wirklich exzeptionell, auch deshalb, weil jedes Stück sehr speziell ist. Heuer wird das Stück under wood für zwei verstärkte toy pianos und Ensemble mit mir und dem Ensemble die reihe uraufgeführt (am 7.11.2012 im Radiokulturhaus, Christian Muthspiel dirigiert, Anm.). Als siebentes Werk entsteht jetzt ein Stück für vier toy pianos für das toy piano World Summit in Luxemburg.

 

terz: Manuela Kerer, unsere Schwerpunktkomponistin im Herbst/Winter 2012, hat ebenfalls ein Werk für dich geschrieben. Was schätzt du denn an dieser jungen Komponistin?

 

Ettenauer: Manuela Kerer ist eine junge Komponistin, die nur so vor Energie strotzt. Sie ist eine unglaublich vielseitige Persönlichkeit. Sie ist ja außer Komponistin noch studierte Violinistin, Juristin und Psychologin. Das allein finde ich schon faszinierend an ihr. Und die Art und Weise, wie sie an Dinge herangeht. Außerdem liebt sie das toy piano. Im Vorwort für das Stück Toyflsjodler, das sie für mich komponiert hat, schreibt sie: "Ich hörte ein toy piano und liebte es". Das freut mich natürlich, wenn jemand so etwas sagt.

 

terz: Hat sie das toy piano bei dir kennen gelernt?

 

Ettenauer: Nein, das war viel früher. Da kannten wir uns noch nicht. Ich weiß nicht, wo sie es zum ersten Mal gehört hat, aber das war natürlich eine gute Voraussetzung, diese Libe zu dem Instrument.

 

terz: Du hast bereits erwähnt, dass du sehr viele Intrumente hast, dass sich verschiedene Instrumente auch für verschiedene Stücke eignen, und du hast mir schon vor diesem Gespräch erzählt, dass du beim Stück von Manuela Kerer sehr viel mit deinen Instrumenten ausprobiert hast. Kannst du über diesen Prozess noch mehr erzählen?

 

Ettenauer: Bei Toyflsjodler war es so, dass sich Manuela zwei Instrumente von einer Freundin ausgeborgt hat, die damals zufällig ein Schoenhut Concert Grand und ein kleines zweioktaviges toy piano. Ich weiß nicht, wie es die Manuela gespielt hat, aber man muss teilweise auf den Klangstäben zupfen. Sie hätte sich gedacht, dass man das auf dem Concert Grand erledigt. Teilweise spielt man auch auf beiden toy pianos gleichzeitig und als ich das Zupfen auf meinem Concert Grand ausprobiert habe, hat das gar nicht funktioniert. Es war viel zu leise für meine Ohren und die Klangstäbe haben so stark vibriert, dass man eigentlich hauptsächlich ein lautes Brummen gehört hat. Das war für mich nicht befriedigend und ich habe mir gedacht, ich muss da mal ein anderes Instrument ausprobieren, zum Glück habe ich da ja einige zur Auswahl. Schließlich habe ich ein Michelsonne Upright gewählt und auch die Plektren, von denen ich geglaubt habe sie zu brauchen, damit der Klang lauter wird, habe ich nach einiger Zeit nicht mehr verwendet. Als zweites Instrument verwende ich seit Neuestem ein Schoenhut.

 

terz: Du bist auch stilistisch sehr vielseitig, dein Repertoire beschränkt sich  bei Weitem nicht auf Neue Musik, sondern du arbeitest auch mit Musikern wie Otto Lechner und Guy Klucevsek. Inwiefern ist dir diese Vielseitigkeit wichtig?

 

Ettenauer: Die passiert einfach so. Das mache ich nicht bewusst oder mit irgendeinem Hintergedanken. Ich spiele eben Sachen, die ich gerne mag und die mich auch von Herzen ansprechen. Ich bin auch vielem gegenüber sehr offen und habe auch keine Berührungsängste.

 

terz: Ein Projekt, das ich sehr interessant finde, war dein Circus Lebasi. Kannst du ein bisschen darüber erzählen, wie es dazu kam und was die Idee dahinter war?

 

Ettenauer: Das ist auch für mich eines der großartigsten, wenn nicht das tollste Projekt in den letzten Jahren gewesen. Es war eigentlich ein glücklicher Zufall. Ich wurde von Linz09 angefragt, ob ich Interesse hätte, einen Musikzirkus zu entwickeln, eine Idee von Peter Androsch (künstlerischer Leiter der Sparte Musik für die Kulturhauptstadt Linz 2009, Anm.). Da hat er mit mir natürlich genau die Richtige gefunden. Ich träume seit meiner Kindheit vom Zirkus und habe als Kind auch immer schon Zirkusprogramme aufgeführt. Außerdem hatte ich zu dem Zeitpunkt schon seit einigen Jahren einen französischen Zirkusfreund: Jérôme Thomas, ein Jongleur und Universalkünstler, ist sicher eine der wichtigsten Figuren der neuen Zirkuskunst in Frankreich. Als mich Peter Androsch fragte, war das für mich natürlich zunächst einmal überwältigend, weil ich die künstlerische Leitung bekommen sollte und weil bei einer Vorlaufzeit von zwei Jahren auch klar war, dass das ein riesen Projekt werden würde. Nach kurzem Reflektieren war mir aber klar, dass ich ohnehin nicht nein sagen konnte. Mir war aber auch klar, dass ich dieses Projekt nur mit Jérôme Thomas machen würde. Wir haben das Konzept dann gemeinsam entwickelt. Ich habe die Musikvorschläge gemacht und er hat sich eine Choreographie ausgedacht, die ziemlich genial war.

 

 

terz: Braucht die zeitgenössische Musik Events wie diesen?

 

Ettenauer: Das ist ein Wort, mit dem ich eigentlich nicht so viel anfangen kann. Ich kann mir schon ungefähr vorstellen, was du meinst...

 

terz: Ich meine etwas wie den Circus Lebasi, wo das Publikum auf mehreren Ebenen angesprochen wird, das spartenübergreifend ist...

 

Ettenauer: Ich habe ja auch gar nicht erwähnt, dass auch zwei Zirkuskünstler beteiligt waren, die clowneske Nummer abgeliefert haben. Das war ein ganz wichtiger Teil, der zur Musik dazu gekommen ist.

 

terz: Auch das meine ich: Keine Scheu davor zu haben, auch populär zu sein. Es ist ja meiner Ansicht nach ein weitverbreiteter Trugschluss zu denken, Populäres wäre automatisch qualitativ nicht hochwertig.

 

Ettenauer: Ja, das kann sicher hilfreich sein. Inwiefern man dann wirklich populär wird, ist eine andere Frage, weil das was wir im Circus Lebasi gemacht haben natürlich mit einem normalen Zirkus nichts zu tun hatte. Aber solche spartenübergreifenden Projekte bleiben einem sicher länger in Erinnerung als herkömmliche Konzerte. Sowohl den Musikern als auch dem Publikum.

 

terz: Du unterrichtest auch an einer Musikschule. Welche Bedeutung haben das toy piano und zeitgenössische Musik in deinem Unterricht.

 

Ettenauer: Also das toy piano erleben meine SchülerInnen nur bei Konzerten von mir. Aber zeitgenössische Musik lasse ich sie am Klavier natürlich schon spielen. Ich lasse sie auch viel improvisieren und über die Improvisation sind auch einige meiner StudentInnen zum Komponieren gekommen. Kinder sind sehr vorurteilsfrei und unbelastet, haben auch viel Spaß daran im Klavier nach neuen Klängen zu suchen.

 

terz: Was sind deine nächsten großen Projekte?

 

Ettenauer: Ein großes Projekt ist "under wood", das beginne ich jetzt zu studieren. Ebenfalls im November wird auch eine erneute Zusammenarbeit mit Jérôme Thomas und Guy Klucevsek stattfinden. ("Drei.Fach.Salto" am 16. November im Festspielhaus St. Pölten) Außerdem möchte ich eine CD mit allen toy piano Stücken von Karlheinz Essl aufnehmen. Das wird wahrscheinlich im Jänner erfolgen, da spiele ich auch ein Konzert mit diesem Repertoire im Essl Museum (am 23.01.2013, Anm.). Auf der anderen Seite werde ich mich auch wieder vermehrt dem Klavier widmen. Ich werde mir die Goldberg Variationen von Bach erarbeiten, und zwar wiederum in Zusammenhang mit einem Werk von Karlheinz Essl, nämlich dem "Gold.Berg.Werk". (lacht) Wir arbeiten im Moment sehr intensiv zusammen. 

 

CD-Tipp:

 

The Joy of Toy. Ausgezeichnet mit dem Pasticciopreis

Zu bestellen hier.

 

 

 

 

 

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