Salzburg Biennale - Eröffnungskonzert

Präzise Mechanik und tänzerische Spielfreude

Am Abend des 1. März 2013 wurde die 3. Salzburger Biennale, im zweiten Jahr unter der künstlerischen Leitung von Heike Hoffmann, im Großen Studio der Universität Mozarteum eröffnet. Das Konzert präsentierte die diesjährige Programmatik des Festivals "Palimpsest – Musik über Musik" in all ihren Facetten.

 

In Ionisation (1929/31) und Amériques (1921, Fassung 1927) von Edgard Varèse sowie dem Ballet mécanique (1927, Fassung 1952/53) von George Antheil greifen diese, für die Neue Musik prägenden Komponisten, nicht nur auf andere Komponisten wie Debussy, Stravinsky und Villa-Lobos zurück, sondern überschreiben, verändern und rekomponieren auch ihre eigenen Kompositionen in neuen Fassungen.

 

Der Abend begann mit Varèses Ionisation, interpretiert vom Ensemble für perkussive Kunst der Universität Mozarteum (Einstudierung Peter Sadlo) unter dem Dirigat von Jonathan Stockhammer. Klar und präzise interpretierten die jungen MusikerInnen dieses seit seiner Uraufführung 1933 in der Carnegie Hall und einer ersten Schallplattenaufnahme 1934 sehr erfolgreiche Werk, das zu den ersten Kompositionen für reines Perkussionsensemble zählt. Das junge Ensemble schaffte es, vor allem in den leisen Passagen, einer mechanischen Interpretation des stark rhythmisch geprägten Stückes zu entgehen und gab der Komposition einen mitreißenden "drive", der sich gegen Ende in der dynamischen, klanglichen und energetischen Steigerung der Komposition leider wieder etwas verlor.

 

Es folgte Amériques von Varèse, das hier nicht in seiner ursprünglichen Version für Orchester, sondern in einer 2004 in der Paul Sacher Stiftung wiederentdeckten Fassung für Klavier zu 8 Händen, die vom Komponisten selbst stammt, geboten wurde. Josef Christof, Andreas Grau, Steffen Schleiermacher und Götz Schumacher interpretierten diese Fassung mit kammermusikalischer Präzision und Durchsichtigkeit, ohne auf gewaltige Klangfüllen zu verzichten. Feinperlige, glitzernde Passagen verdichten sich zu einem raumfüllenden Klang, der in seiner rhythmischen Klarheit dennoch immer bestehen blieb. Varèse schöpft in dieser Fassung die klanglichen Möglichkeiten des Klaviers aus. Er spielt sowohl mit der Feinheit und Brillanz einer Solopassage als auch mit dem Klangvolumen zweier Flügel, die von vier Musikern bespielt werden. In dieser kammermusikalisch anmutenden Version wird die Struktur der Komposition fast ausgestellt. Plätschernde Weichheit, rhythmische Kraft, voluminöse Klangfülle und disharmonische Spitzen stehen sich klar und unverdeckt gegenüber. Die vier Pianisten arbeiten diesen Kontrastreichtum deutlich und mit Freude heraus, ohne dabei analytisch oder gar steril zu werden und die Gesamtheit der Komposition aus dem Blick zu verlieren. Sicherlich der Höhepunkt dieses Abends.

 

Abschließend werden in Antheils Ballet mécanique alle MusikerInnen wiederum unter der Leitung von Jonathan Stockhammer zusammengeführt. Auch hier wird nicht die erste Version von 1927, sondern eine Fassung des Komponisten aus den Jahren 1952/53 präsentiert. Schon ab den ersten Klängen ist eine deutliche Spielfreude der MusikerInnen zu spüren. Einzelne Instrumente und Klänge treten in Dialoge ein und geben der Komposition stellenweise eine Durchsichtigkeit, die den Kontrastreichtum dieses Werkes betont. Wie schon bei Ionisation sind die lyrisch angelegten Passagen bis in kleinste Details ausgearbeitet, während sich die voluminösen forte-Passagen stellenweise etwas zu verlieren scheinen. Insgesamt scheint sich das Ensemble in seiner plastischen, bewegten, oftmals dialogisch und stellenweise tänzerisch anmutenden Interpretation eher auf das "Ballet" denn auf das "mécanique" des Titels zu beziehen.

 

Der Abend wurde in dem nahezu vollbesetzen Saal mit lautstarker Begeisterung aufgenommen, was sicherlich sowohl dem Programm als auch der mitreißenden Interpretation der MusikerInnen zu verdanken ist. Ein gelungener Auftakt der diesjährigen Biennale, der neugierig auf das noch folgende Programm der nächsten zwei Wochen macht.

 

Anja Arend