Vermittlung Magazin

Wir loten die Grenzen des Aufeinander-Reagierens aus

STATEMENT
Zahra Mani

studierte Germanistik und Philosophie in Oxford sowie musikalische Performance und Komposition am Bard College, New York. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit Zwischenräumen.

http://www.myspace.com/zahramani

Ich arbeite seit über 10 Jahren mit Mia Zabelka zusammen, seitdem ich an einem Improvisationsworkshop teilnahm, den sie mit Franz Hautzinger leitete. Durch unser Zusammenspiel begann ich eine Klangsprache zu entwickeln, die weit über die Grenzen meiner klassischen Ausbildung hinaus reicht.

2002 gründeten wir gemeinsam die "One Night Band", die bis heute mit einer stets wechselnder Besetzung bei jedem Auftritt sich auf eine gemeinsame Suche nach akustischen Begegnungen begibt.

 

Kurz danach spielten wir das erste Mal im Duett, wobei ich meinen Kontrabass erstmals auf Mias Initiative gegen ein Laptop "eintauschte", um Klangpartikel aus Feldaufnahmen, die ich bis dorthin nur für Studioarbeiten verwendete, live als selbst konstruiertes Instrument zu spielen. Das war sowohl für unsere gemeinsame Arbeit als auch für mein Werk ein Wendepunkt.

 

In den Aufnahmen unserer ersten Auftritte im Divadlo Archa in Prag, in der Galerie Stadtpark in Krems, in Wien im Radiokulturhaus und in der alten Schmiede und im Grazer ESC höre ich bis heute etwas wie einen Aufbruch, ein hineintasten in komplett neue Klangwelten, die weder elektronisch noch akustisch sind, weder komponiert noch “frei” improvisiert – eine Klanglichkeit und Art des Zusammenspiels, die für uns beide neu war.

 

Unsere gemeinsame musikalische Sprache ist mittlerweile gewachsen, mein Instrumentarium greift in letzter Zeit zusätzlich zu der Elektronik wieder auf Instrumente wie Kontrabass und Gitarren zurück, und Mia entwickelt immer mehr ihre einzigartige Spielweise mit ihrer Geige und ihrer Stimme, immer radikal aus ihrem Körper heraus gespielt.

 

Die Produktion von "M" 2011, wo ich als Produzentin agierte, und eine Masse an ausgezeichneten Aufnahmen aus Christoph Amanns Tonstudio für die CD durchhören und überarbeiten konnte, vertiefte mein Einblick in die Tonwelt, die Mia in den letzten ca. 25 Jahren ausgebaut hat. Diese Entwicklung, sowie ihre Performance, machen ihre wahre Qualität aus. Ihr Zugang zu Musik ist in sich Genre-übergreifende, gelebte Kunst.

 

Mein Zugang zu Klang, zum Hören, zu Musik, reicht vom "Spiel" im herkömmlichen Sinn über ein konstantes Zuhören in der Welt, und meine Musik beinhaltet Feldaufnahmen genauso wie Instrumente und Stimmen, wobei die Quelle der Klänge gleichwertig ist. Meine Bassgitarre klingt zum Beispiel oft, durch die Effekte, die ich "konstruiere", der starken Bora (dem Nordostwind, der in Istrien und im Karst periodisch weht, und der in meinen letzten Stücken zu hören ist) sehr ähnlich. Natur und Instrumente ergänzen einander.

 

Im Zusammenspiel mit Mia Zabelka schaffe ich eine Vielfalt an Klangambiente, das trotz der Elektronik immer sehr organisch bleibt, von arhythmisch-klickenden Verflechtungen über dichte, in sich bewegende, dunkle Flächen bis hin zu Klangmauern, die die HörerInnen, Mias Geige und Stimme umhüllen. Diese Klangräume schaffen eine eigene Räumlichkeit, in der ihre Musik einen anderen Zusammenhang bekommt. Momentan arbeiten wir vertieft an unserem musikalischen Dialog, und loten die Grenzen des Aufeinander-Reagierens aus.