Vermittlung Magazin

"Ich sehe mich als Klangforscherin"

Mia Zabelka im Gespräch

INTERVIEW
Barbara Preis

dissertierte in Musikwissenschaft. Ihr Doktorat führte sie auch an die Columbia University in New York City. Sie absolvierte den Lehrgang für Kulturmanagement an der Musikuni Wien. Seit 2008 ist sie Assistentin der Intendanz der Neuen Oper Wien. Seit 2011 ist sie Geschäftsführerin von www.terz.cc

Im Rhamen des aktuellen Komponistinnenschwerpunkts traf Barbara Preis die Klangkünstlerin Mia Zabelka, um mit ihr über die Klangkunst in Österreich, die Zusammenarbeit mit anderen KünstlerInnen und ihre aktuellen Projekte zu sprechen.

 

terz: Wie siehst du das Wesen der Klangkunst in Österreich vertreten?

 

Zabelka: Wie ich Klangkunst verstehe, geht es um einen Überbegriff für sämtliche Kunstformen, die mit elektronischen Medien klanglich erzeugt werden. Das geht von der elektronischen Musik, der Klangimprovisation über Radiokunst, über Klanginstallation, Klangperformance und intermediale Projekte etc. Klangkunst ist sozusagen der Überbegriff für alles, was in diesen Bereich hineinfällt. So würde ich Klangkunst definieren. Was für mich in dieser Kunst heute spannend ist, ist die Möglichkeit,  verschiedene Medien als Ausdrucksformen zu verwenden. Der Inhalt, das Konzept und die Idee sind das Wesentliche und daraus bestimme ich die Form der Umsetzung bzw. wähle das der Idee, dem Konzept adäquate Medium aus. Es gibt in der Bildenden Kunst KünstlerInnen, die auch so arbeiten, zum Beispiel Erwin Wurm: Da steht die Idee im Vordergrund und dann macht er ein Video oder eine Fotoarbeit oder eine Performance, oder ein Objekt. Er versteht sich nicht als Maler oder Videokünstler per se, sondern als Künstler mit dem Bewusstsein, das ihm heutzutage eine Vielzahl an Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung steht. Das heißt, das Kunstwerk kann entsprechend der Idee verschiedene Formen annehmen Das finde ich befruchtend und in diesem Bereich wird auch weltweit sehr viel gearbeitet. Das ist in Österreich aber nicht üblich, vor allem in der Musik nicht. So würde ich meine Arbeit verstehen. Ich mache Konzerte, intermediale Projekte, Radioarbeiten, Kunstaktionen im öffentlichen Raum und es kommt immer zuerst auf die Idee an. Es gibt auch Projekte, die von Umsetzung zu Umsetzung unterschiedlich sind, im Sinne eines sich permanent weiterentwickelnden work-in-progress, die also eine offene Form haben.

 

terz: Wie entwickelst du die Idee für ein Stück?

 

Zabelka: Die Ideen sind vielschichtig, es geht in erster Linie um eine tiefe bewusste und/oder unbewusste innere und äußere Wahrnehmung. Dinge, die mich im Alltag interessieren. Es geht darum, Geschichten zu erzählen und zu schauen, in welcher Form ich diese Geschichten erzähle. Ob das jetzt mit der Violine, der Stimme oder intermedial ist, ob das eine Kunstaktion im öffentlichen Raum ist oder eine Improvisation, hängt immer von der zugrunde liegenden Idee bzw. dem Konzept ab, das aus einer differenzierten Wahrnehmung resultiert.

 

terz: Mit welchen KollegInnen anderer Kunstsparten arbeitest du gerne zusammen?

 

Zabelka: Ich arbeite derzeit mit der finnischen Videokünstlerin Mia Makela zusammen, die eine ähnliche Bildsprache erarbeitet hat wie ich in der Musik.  Wir haben ein Projekt entwickelt, wo Eva Schindling, eine Programmiererin, eine Software geschrieben hat, die Daten meiner Midi-Violine verwendet, um damit die Parameter des Videos zu beeinflussen. Da geht es um die Übersetzung von Klangsprache in Bildsprache. Wobei jedes Produkt eigenständig bestehen kann. Intermedialität heißt nicht, dass es nur um das Zusammenwirken mehrerer Kunstsprachen geht.

 

Es geht auch darum, wie bei Schumann Liedern – Text und Musik können jeweils alleine für sich stehen – einen Hyper-Text zu finden.

 

terz: Wie gehst du strukturell an die Performance heran?

 

Zabelka: Grundsätzlich spielen bei verschiedenen Projekten und Produktionen unterschiedliche Parameter eine  Rolle. Bei einer Live-Aufführung arbeite ich anders als bei einem Radiostück etc. Bei einem Konzert spielt der Raum eine große Rolle, da sind die Interaktion mit dem Publikum und  die Bewegung wesentlich, so etwa das Ausloten des Raumes mit Gestik, Bewegung, Klang, Körperlichkeit; Das Reagieren in Echtzeit. Das hat sehr viel mit Improvisation und auch mit Kontrollverlust zu tun, man legt zwar bestimmte Parameter fest, weiß aber nicht, wohin die Reise geht. Dennoch bleibt die Verantwortung als Komponistin und Ausführende in einer Person bestehen.

 

terz: Was sind die festgelegten Strukturen? Woran halten sich Ensemble, Band fest?

 

Zabelka: Wenn das ein Ensemble ist, dann gibt es entweder grafische Notationen, mündliche Absprachen oder eine Bewegungspartitur von einer Tänzerin oder einem Choreographen. Oder es ist völlig frei.

 

terz: Wie lange probst du für eine Performance?

 

Zabelka: Mit dem Ensemble eigentlich gar nicht, da gibt es vielleicht eine Probe davor, maximal. Da geht es wirklich darum im Moment die Musik entstehen zu lassen.

 

terz: Kennst du die Räume, in denen du auftrittst?

 

Zabelka: Das ist immer unterschiedlich. Es gibt Räume, die man kennen lernt und im Moment darauf reagiert oder es gibt Räume, mit denen man schon vorher gearbeitet hat. Es gibt Räume, mit denen man sofort etwas anfangen kann und welche, die total schwierig sind.

 

terz: Wie lange brauchst du, um eine Idee zu entwickeln? Von der Idee, der Vision bis zum Endprodukt.

 

Zabelka: Zunächst geht es um die Entwicklung einer eigenständigen musikalischen Sprache, einer künstlerischen Handschrift, und deren kontinuierliche Weiterentwicklung. Im Prinzip gibt es daher im Grunde nie ein wirkliches "Endprodukt". Es gibt phasenweise "Ausschnitte", die aus diesem Prozess der Öffentlichkeit präsentiert werden. Aber in dem Moment, wo ich zum Beispiel ein Werk auf CD der Öffentlichkeit präsentiere, geht der Prozess an der Weiterentwicklung dieses Stückes in meinem Studio und/oder bei Live-Aufführungen schon weiter. Die Ideen entstehen aus diesem kontinuierlichen Fluss, der nie aufhört. Es gibt nicht nur eine Idee, sondern die künstlerische Arbeit ist wie eine Straße, die immer weiter geht, mit vielen Seitenstraßen.

 

Im Prinzip verfolge ich aber fünf grundsätzliche Linien: 

Erstens die Improvisation mit akustischer Violine und Stimme, die ich als "automatic playing" bezeichne und bei der die Körperlichkeit, das Übersetzen von körperlicher Gestik in Klang eine wesentliche Rolle spielt.

Zweitens die Entwicklung von Stücken mit E-Violine und Live-Elektronik, die auch aus dem "automatic playing" entsteht, aber zusätzlich die elektronische Klangverarbeitung miteinbezieht, Aspekte eines elektroakustischen "automatic playing". Hier habe ich die Möglichkeit mittels technischer Verfremdung und Multiplikation vielschichtige komplexe Klanggebilde zu erzeugen. Ich trete in ständigen Dialog mit mir selbst.

Drittens das intermediale Arbeiten, das heißt die Interaktion mit anderen künstlerischen Sprachen.

Viertens das Zusammenspiel, die Improvisation mit anderen Musikern, das heißt das Einbringen und Austauschen von unterschiedlichen oder auch ähnlichen Klangsprachen.

Fünftens die Kunstaktionen im öffentlichen Raum, wie z.B das klang.haus, das heißt die inszenierte aktive Miteinbeziehung des Zuhörers, des Publikums, als "Empfänger" der künstlerischen Sprachen.

 

terz: Wie kommst du zu deinen PartnerInnen?

 

Zabelka: Das ist gar nicht so einfach. Es gibt wenige MusikerInnen mit denen man wirklich eine gemeinsame Klangsprache entwickelt oder über Jahre entwickelt hat. Zur Zeit gibt es ein sehr schönes Projekt mit Maggie Nicols und John Russell, zwei wichtige Vertreter der improvisierten Musik aus England. Wir haben das erste Mal fünf Minuten miteinander gespielt und gemerkt, das passt einfach. Es geht um Respekt und Vertrauen und gemeinsam die Musik aus dem Augenblick entstehen zu lassen. Mit diesen beiden geht es in unglaublich viele, musikalisch vielschichtige und variantenreiche Bereiche. Das ist eine unglaublich spannende musikalische Sprache, die wir gemeinsam entwickeln. So zum Beispiel von einer mood, von einem emotionalen Ausdruck weiterspringen immer zur nächsten, alle 30 Sekunden. Diese Wendigkeit, diesen Facettenreichtum finde ich mit wenigen MusikerInnen. Zudem fühle ich mich mit meiner E-Violine in Österreich manchmal ziemlich isoliert. Violinisten, die in einem ähnlichen Kontext arbeiten wie ich, wie zum Beispiel Jorge Boerhinger (The core of the coalman) oder C Spencer Yeh etc., gibt es bei uns nicht.

 

terz: Inwiefern wird eine CD-Produktion deiner Klangkunst gerecht?

 

Zabelka: Man nimmt sich vor, ein Produkt für CD zu machen. Die CD hat andere Parameter als eine Live-Aufführung, es geht nicht darum, eine Live-Aufführung auf die CD zu pressen. Das würde nicht funktionieren. Nicht einmal als Video, weil der Live-Moment nicht vorhanden ist. Aber für die CD-Produktion geht man explizit ins Studio und arbeitet wirklich nur für das klangliche Produkt. Und dem wird es absolut gerecht. Es gibt kein besseres Medium als die CD. Ich denke eher, dass es problematischer ist mit Youtube oder dem MP3-Format. Auf der CD kann man auch am Sound feilen. Und bei MP3 und Youtube ist alles komprimiert und es stellt sich die Frage, warum man sich die Arbeit überhaupt antut, man geht ins Studio wegen der Soundqualität und die Leute hören nur mehr MP3 und hören womöglich den Unterschied gar nicht.

 

terz: Wie bist du eigentlich zur Klangkunst gekommen, du hast mit dem Geigenspiel sehr traditionell begonnen?

 

Zabelka: Ja. Ich habe mit zehn Jahren Johann Sebastian Bach gespielt und war mit vierzehn das jüngste Mitglied im Bundesjugendorchester. Ich habe aber parallel immer auch Jazz  und Rock gespielt, mit 15/16 war ich in einer Jazz- und in einer Rockband. Das hat mich immer viel mehr interessiert und dann haben die Jungs von der Rockband gesagt, wir hätten gern einmal eine Komposition von dir und das war sozusagen mein Beginn als Komponistin. Es war gar nicht beabsichtigt, ich habe einfach begonnen zu komponieren. Nach der Matura habe ich mir gedacht, dass ich das Handwerk Komposition eigentlich auch lernen sollte und habe elektroakustische Musik studiert. Ich habe ein wirkliches Glück mit Lehrern gehabt, die immer sehr offen waren und mich nie in eine Richtung gedrängt haben. 2002 habe ich mit Zahra Mani die one night band gegründet, deren Idee ist, dass verschiedene MusikerInnen zu eine einmalig stattfindenden Ereignissen eingeladen werden. Die one night band besteht nicht aus einem fixen Ensemble, sondern es gibt unterschiedliche Musiker die immer wieder mitwirken oder ganz neue, die hinzukommen.

 

terz: Du hast ja nicht nur die one night band gegründet, sondern spielst im mehreren Ensembles?

 

Zabelka: Im Moment habe ich mehrere Projekte. Das Soloprojekt, Trio Blurb mit Maggie Nicols und John Russels, dann habe ich noch ein Trio mit Pavel Fajt und Johannes Frisch und Duos mit Zahra Mani und Lydia Lunch. Jeder arbeitet für sich und dann kommt man zusammen und alles geht sehr schnell. Bei improvisierter Musik geht es ja darum, dass man nicht ewig miteinander probt, sondern das, was jeder für sich erarbeitet hat wird in einen gemeinsamen Kontext gestellt. Das ist das Spannende, das in Echtzeit reagieren, sonst kann ich ja gleich Noten schreiben.

 

terz: Gibt es in deinem Berufsfeld noch mehr Vorteile für Männer?

 

Zabelka: Ja absolut. Sie werden in bestimmten Bereichen ernster genommen. Frauen haben es viel schwerer sich hier durchzusetzten, das ist ganz klar. Ich komme gerade aus Brüssel und habe zum ersten Mal in einem Frauenensemble gespielt, in einer Big Band. Normalerweise bestehen diese Bands hauptsächlich aus Männern. Dass so viele Frauen gemeinsam auf der Bühne stehen, das gibt es eigentlich kaum. Männer schon. Frauen treten eher in kleinen Formationen auf. Die großen Ensembles gibt es nicht, wie es bei Männern üblich ist. Das kommt auch auf die Finanzierung an.

 

terz: Wie sieht dein Alltag aus? Übst du noch Geige? Ist dein Alltag streng strukturiert?

 

Zabelka: Natürlich. Das Arbeiten an den Stücken bedeutet immer neue Ideen und Entwicklungen zu verarbeiten. Ich arbeite auch mit Technikern zusammen, die für mich Software programmieren usw. Das ist immer ein Weiterforschen. Ich sehe mich als Klangforscherin. Mein Studio ist ein Labor, wo ich permanent weiterforsche.

 

 

 

terz: Arbeitest du auch am Papier oder gleich digital?

 

Zabelka: Unlängst hat jemand zu mir gesagt: "Sie schreiben keine Partituren mehr?" Darauf sagte ich: "Nein, ich entwickle Schaltpläne." Das ist auch grafisch ganz interessant. Das sind verschiedene Schaltungen, in denen ich mir überlege, wie ich - es geht da um sehr komplexe Prozesse - verschiedene Elemente miteinander verknüpfe. Das ist fast wie wenn ich mein Gehirn auf die Geräte und Schaltungen ausstülpen würde.  Das ist schon Teil der kompositorischen Arbeit. Aber ich arbeite kaum digital, mich interessiert hauptsächlich der analoge elektroakustische Sound. Ich arbeite viel mit Effektpedalen, die für E-Gitarren oder Synthesizer entwickelt wurden, und hin und wieder mit Software, die speziell nach meinen Vorstellungen von Christian Dietz, einem Techniker des Elektronischen Studios der TU Berlin, entwickelt wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

terz: Gibt es jemanden, der bei dir als Verlag agiert oder agieren könnte? Da müsstest du deine ganze Arbeit auf ein externes Medium abspeichern und abgeben?

 

Zabelka: Verlage sind dazu da, dass sie Noten vervielfältigen, sodass sie auch andere Musiker spielen können. Bei mir ist das anders. Meine Klangsprache ist so an mich gebunden. In Brüssel hat mir jemand gesagt, es wäre so, als wäre die Violine meine Stimme. Das ist auch sehr naheliegend. Das ist nichts anderes als eine stimmliche Äußerung, die auf das Instrument transportiert wird. Insofern bin ich eine Sängerin mit einem anderen Ausdrucksmedium. Und zur Zeit interessiert es mich auch, die Klangsprache die ich mit der Violine entwickelt habe, wieder auf die Stimme zurück zu transformieren. Das heißt ich arbeite auch wieder mit meinem Ur-Instrument, der Stimme.

 

terz: Das heißt aber auch, dass du auf die Möglichkeit verzichtest, von jemand anderem aufgeführt zu werden.

 

Zabelka: Ja, das stimmt. Aber das ist bei improvisierter Musik so. Ich finde das auch okay.

 

terz: Aber das ist für eine Komponistin eine andere Herangehensweise, da es den Gedanken, reproduziert zu werden, nicht gibt.

 

Zabelka: Ja. Ich glaube auch, dass das niemand anderer so umsetzen kann.

 

terz: Das heißt aber auch, dass Komponistin, Klangkünstlerin und Instrumentalistin bei dir in einer Person verschmelzen.

 

Zabelka: Ja, das kann man nicht auseinander dividieren. Man trägt auch gleichzeitig für alle Bereiche alleine die Verantwortung.

 

terz: Wie geht es dir mit der raschen Entwicklung der neuen Medien. Ist es da manchmal schwer, Schritt zu halten?

 

Zabelka: Also ich sehe im Moment gar nicht so viel Entwicklung. Die Entwicklungen waren in den 90er Jahren. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich die Dinge da entscheidend entwickelt haben. Damals  in den 80er Jahren gab es noch keine Handys und so weiter, dann kamen erst Computer und Internet. Aber jetzt werden die Geräte verfeinert oder schneller gemacht, wesentliche Weiterentwicklungen auch in der Musik-Software gibt es momentan nicht.

 

terz: Gibt es Werke oder Projekte, die dir besonders am Herzen liegen?

 

Zabelka: Im Moment habe  ich gerade ein internationales Netzwerk-Projekt, das "Phonart the lost languages of Europe" heißt, abgeschlossen. Das ist ein vom EU-culture programme 2007-2013 co-finanziertes Kulturprojekt, das von Zahra Mani und mir initiiert wurde und in Kooperation mit Partnern in Tschechien, Serbien und Kroatien stattgefunden hat.  Es geht um die Sprachen von Minderheiten, die vom Aussterben bedroht sind. wobei es sowohl ethnische Minderheiten betrifft (zum Beispiel die Musik der Roma ), als auch avantegardistische künstlerische Sprachen. Es geht um  die Vernetzung von diesen uralten Traditionen mit zeitgenössischen künstlerischen Ausdrucksweisen. Unserer Meinung nach kann Fortschritt nur mit dem Bewusstsein um das der Menschheit eingeschriebene Ur-Wissen geben. In der Klangkunst bedeutet das zum Beispiel, das Besinnen auf den menschlichen Ur-Laut, Daher kommt die Bezeichnung Phonart Das Resultat dieses zweijährigen intensiven künstlerischen Rechercheprojektes ist ein Phonart-Buch, das soeben im Wieser-Verlag, Klagenfurt, erschienen ist. Ich habe in diesem Buch auch ein Phonart Manifest verfasst. Derzeit habe ich schon Ideen für ein neues Projekt. Seit Beginn meiner künstlerischen Laufbahn arbeite ich an Radiokunst Projekten und beschäftige mich mit der Körperlichkeit des Klanges und der Violine, deren Form dem menschlichen Körper sehr ähnlich ist, als künstlerisches Objekt. Für das ORF Ö1 Kunstradio habe ich im Rahmen des Projektes Die Geometrie des Schweigens eine Robotervioline konstruieren lassen, die ich über Arminterfaces während meines Spiels auf der akustischen Violine gesteuert habe. Das Stück hieß Space Bodies, da sich zusätzlich die Robotervioline im Museum Ferdinandeum in Innsbruck befunden hat während ich im Wiener Museum Ludwig live gespielt habe. Die beiden Orte waren über Video-, Daten- und Audioleitungen miteinander verbunden.  Überhaupt war ich schon sehr früh, vor dem Zeitalter des Internets, in den telematischen Kunstradio-Netzwerk-Projekten Chip Radio und Realtime involviert, wo live Künstler von verschiedenen ORF-Landesstudios aus miteinander interagiert haben. Beide Stücke wurden übrigens im Rahmen des Prix Ars Electronica ausgezeichnet. Chip Radio war sogar für den Prix Italia nominiert. Davor habe ich Somateme, eine  elektroakustische Performance entwickelt, wo ich mit Kontaktmikrofonen an meinem Körper gearbeitet habe. Ich habe nur mit meinen Atem-, Haut- und Pulsklängen elektroakustische Musik erzeugt und dann mit dem Spiel auf der Violine darauf reagiert. Das war meine erste elektroakustische Arbeit. Auch für diese Arbeit erhielt ich unter anderem eine Auszeichnung des Prix Ars Electronica für elektronische Musik.

Derzeit arbeite ich an einem Projekt, das Radio Violin heißt, mit dem ich letztes Jahr schon begonnen habe. Das war eine Live-Sendung im Kunstradio, wo es um die Thematik Energiekreislauf ging. Ich habe live im Radiostudio gespielt, die Klänge wurden via Äther in den Radiospace übertragen und von einer Antenne wieder aufgefangen, die im Studio installiert war. Jede Antenne produziert grundsätzlich Strom, dieser Strom wurde durch verschiedene Kondensatoren extrem verstärkt und hat dann anstelle der 9 Volt Batterie meine elektrische Violine mit Energie gespeist. Also mir Energie geliefert für mein Spiel, und meine Energie ging dann wieder in den Radioraum und so entstand ein permanenter Energiekreislauf.

 

 

Daran möchte ich weiterarbeiten, es gibt Geräte, die im Auto verwendet werden, um Sounds eines I-Pods zum Beispiel über eine bestimmte Frequenz über die Lautsprecher des Autoradios zu  hören. Dieses Gerät möchte ich verwenden, um die Klänge meiner Violine über verschiedene Radiogeräte, die um mich herum auf der Bühne installiert sind, zu übertragen. Ich schaffe somit ein "Radioorchester". Das Interessante dabei ist, dass jedes Radiogerät einen ganz speziellen Sound hat und meine Klänge daher unterschiedlich wiedergegeben werden, es entstehen aus meinem Spiel unterschiedliche "Orchesterstimmen". Zusätzlich möchte ich ein spezielles Effektgerät verwenden, mit dem ich die Klänge von live Radioübertragungen mit meiner Violine modulieren kann. Ich spiele sozusagen Radio mit der Violine. Das Projekt ist sehr vielschichtig. Einerseits geht es um den Energiekreislauf, andererseits die Violine als Sender, die Radiosignale sendet und das Radio als Klangelement, das ich spiele. Und die nächste Stufe ist., dass Mia Makela die Radiowellen, die ich erzeuge, visualisiert, das heißt in visuelle Schwingungen übersetzt. Das ist der nächste Schaltplan.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und zum Thema Entzeitlichung, Enträumlichung  Das sind neben der Vervielfältigung Begriffe, die im Zusammenhang dem gesellschaftlichen Prozess der Medialisierung stehen. Es geht dabei zum Beispiel um asynchrone Kommunikation, Disloziation, Entmaterlialiserung usw. Themen, die mich immer schon in meiner Kunstproduktion beschäftigt haben. Daher schaffe ich Werke, die unter anderem mit einer netzartigen Struktur unterschiedliche künstlerische/klangliche Inhalte/ Kontexte verknüpfen oder Künstler miteinander über Kommunikationsnetzwerke interagieren lässt. Es geht darum, einen Hypertext zu erzeugen.

 

terz: Wie David Lynch Filme?

 

Zabelka: Genau. Und das ist die Zukunft meiner Meinung nach.

 

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