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2/2014 Shakespeare im zeitgenössischen Musiktheater
Wenn ich blosz noch wueszt (habbichs je gewuszt?)
STATEMENT
Kurt Lanthaler
geboren 1960 in Bozen, lebt seit 1986 als Schriftsteller in Berlin. Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Theaterstücke, Hörspiel, Libretti, Installationen. Übersetzungen aus dem Italienischen. Zuletzt erschienen der Roman »Das Delta« und der Gedichtband »Goldfishs reisen um die halbe welt«.
Ueber das verhaeltnis von musik:text:musik ist andernorts reichlich, und weitaus berufener, geschrieben worden. Und wird werden. hier solls nur skizzenhaft anklingen.
Ist ja auch nicht immer so ganz selbstverstaendlich, mit dem, was ein klang in musik, was ein klang in sprache. Ist zwar beides eine frage der frequenzen (chi frequenti?; und sprache auch nichts als ton, irgendwann; spaetestens im kortex eines fuer sich lautlos lesenden), dann aber doch, doch dann, auch : der verhaeltnisse.
Ums mal kurz im konkreteren zu ueberschlagen : da waren (und erlauben Sie bitte das anspiel mit kurzen zitaten, denn :)
Es ist, als pfeife man
nach dem operngang
sich von ner arie
die triole uebern zahn
im verlauf der jahre :
♪ Ein (verliebt – was fuer eine oper waer das sonst) singender elefant auf einem rasierstuhl. (Wir bekamen sogar dieses verrueckte japanische modell. Von einem in-koafoer selbst angefahren.)
Elefont
Er seift mich ein
und das dauert
Um die stoszzaehn
In die falten
Unterm ruessel
Hinterm ohr
Und das dauert
(...)
Was fuer ein aufstand
wegen nichts als nur
Der einen einfachen : rasur
Dasz der arbeit damals auch daten zu den sogenannten »rendition flights« zugrunde lagen (zumal zu einer zeit, als »Ghost Plane: The Untold Story of the CIA's Secret Rendition Programme« von Stephen Grey noch nicht vorlag), war – das wort sei in dem zusammenhang erlaubt – der besondere spasz an der sache. Und : ich entsinne mich einer wunderbaren arie.
♪ Da war dann schonmal ein sich ins nichtmehrselbstverstaendliche permutierender text einer bautafel. Es endete dermaszen : DEN TUT TITRÜ STI LENZI SOWO BAZI. Tja.
♪ Und die brigata spendereccia, ein schoenstens, zumal von den PIIGS-staaten (denen wir ja nunmal angehoeren, Manuela Kerer und der autor) aus gesehen, in die zeit passendes projekt – dem es, synchron zu seinem thema, bis dato : der finanzierung ermangelt)
Tra'mene Stricca
che seppe far le temperate spese,
e Niccolò che la costuma ricca
del garofano prima discoverse
ne l'orto dove tal seme s'appicca;
e tra'ne la brigata in che disperse
♪ Oder ein von der berliner s-bahn zerfetzter schneemann. Als ein drastisches post-mauerfall-schicksal in einer handvoll zeilen.
swar kein tachnich
sich auf reis zu gebn
: jezz, dada schnee
♪ Zudem diverse, nicht nur den ural bereisende, goldfishe. Vulgo buckelwale.
Goldfish nahm ein kiemen luft
hustete ganz unverhufft
warf sich baeuchlings auf den sand
seele schier weltabgewandt
flossenfaeustling fest verschlossen
koma kuenstlich still genossen
♪ ♪ ♪ Ein ganz schoen wuestes sammelsurium also, das sich da angesammelt : in toene verwandelt. Das ist dann, der augenblick des tons, der augenblick, in dem endlich alles nochmal anders scheint. Sobald du hoerst (meine noten-vom-blatt-lesefaehigkeit ist begrenzt : auf terzen), hoert es sich an wie nochmals gaenzlich neuanders. Und was da orchestermusiker alles so machen, und saenger. Und der hallraum. Der nachklang. Es sind, stellst du schreiber fest, eine menge moeglichkeiten, ueber die eine komponistin verfuegen kann. (Dir bleibt der buchstabe.)
(Dasz aber komponistin und autor sich seit zweiunddreiszig jahren kennen, ist weder verdienst noch hinderungsgrund : macht aber freude, und schadet nicht.)
Immer aber bleibt, das meine erfahrung aus der arbeit mit Manuela Kerer, auch : die absichtsvolle lust am (gern auch messerscharf) spielerischen.