2/2013 Im Portrait: Pia Palme

Barocke Strukturen des Zeitgenössischen.

Die Komponistin Pia Palme

INTERVIEW
Anja K. Arend

Musik- und Tanzwissenschaftlerin

Derzeit Doktoratsstudium an der Universität Salzburg.

Kurz nach dem Bühnenabbau ihres ersten Musiktheaterprojekts, der radikalen Oper ABSTRIAL, traf ich die Komponistin und Musikerin Pia Palme in einem gemütlichen Wiener Kaffeehaus. Wir sprachen über Barock und Elektronik, Heurige und Raumkonzeptionen, Notationen und Neugier....


Ich bin sowieso keine Schreibtisch-Komponistin

Pia Palme - eine biographische Darstellung

PORTRAIT
Laura Thelen

Studierte Musikwissenschaft an den Universitäten Heidelberg und Wien. Schon während ihres Studiums hatte sie verschiedene Positionen im Musikmanagement inne und ist derzeit für die Organisation des "ensemble xx. jahrhundert" zuständig.

Die 1957 in Wien geborene Komponistin und Musikerin Pia Palme, war von klein auf der Musik verbunden. Laut eigener Aussage hat sie sich schon früh mit visueller Kunst beschäftigt und fiel als künstlerisch begabtes Kind auf. Für sie persönlich war der Klang im Allgemeinen – also auch Geräusche – nicht so sehr die Musik, das Medium, über das die Welt/die Phänomene/die Umgebung mit ihr in Verbindung traten.

Das Visuelle schien ihr als selbstverständlich, vorgegeben, stets gegenwärtig. Klang hingegen war die Wahrnehmung, die sie tiefer berührte: "Klang hat im Kontext des Visuellen einen besonderen, zusätzlichen Raum aufgespannt und Kommunikation ermöglicht – bis in mein Innerstes."...

ABSTRIAL - Uraufführung

a radical contemporary opera - all streets of the world collapse in our mouths

REZENSION
Maria Tunner

Studium Musikwissenschaft, Musikvermittlung-Musik im Kontext sowie Elementare Musikpädagogik.

Eine Koproduktion von Suono und KosmosTheater 

 

ABSTRIAL – die Zusammenführung der Begriffe Abstraktion und Material. Eine spielerische Wortkreation, die bereits das grundlegende Konzept des Werkes reflektiert: Material wird der Abstraktion unterworfen um daraus Neues zu schaffen. Dieses Neuentstandene manifestiert sich zwar in konkreten Formen und Erscheinungsbildern, lässt aber dennoch Raum für Imagination und Phantasie....


Pia Palme & electric indigo

STATEMENT
Susanne Kirchmayr

Künstlername: electric indigo, arbeitet international als DJane und Musikerin. 1998 gründete sie das Netzwerk female:pressure für KünstlerInnen der elektronischen Musik wofür sie den Prix Ars Electronica 2009 erhielt. 

Wir lernten uns vor etwa 10 Jahren über das Netzwerk female:pressure kennen. Pia kontaktierte mich, weil sie an der Zusammenarbeit mit Elektronikerinnen interessiert war – und immer noch ist. 2007 begannen wir das Programm "Busting Olifant" zu entwickeln, Premiere beim e_may Festival im KosmosTheater Wien im gleichen Jahr. Aus diesem Ausflug, bei dem sehr unterschiedliche musikalische Welten aufeinandertrafen, entwickelte sich ein immer wiederkehrender, reger Austausch....


Put right ear to glass and listen

STATEMENT
Liza Lim

ist Direktorin des CERENEM an der Universität für Huddersflield. Die Komponistin erhielt Aufträge von Institutionen wie dem Sydney Symphony Orchestra, den Salzburger Festspielen, den Donaueschinger Musiktagen u.v.m.. 2012 war sie Mitglied der Akademie der Künste der Welt in Köln.

The impulse to touch the world through listening lies at the heart of Pia Palme’s compositions: through her work one becomes acutely conscious of the tactile role of vibrating membranes in the production and translation of sound.  In ‘Bare Branches’ (2012), a requiem work for spatialised vocalists with percussion and electronics, the solo singers must locate themselves within a sonic score heard through headphones and reproduce the sounds they hear. A finely-tuned concentration is required and through this, the singers make available their bodies as a filtering device through which an intimate world of sounds unheard by the audience is brought forth into a space. The performer’s body is used as a highly calibrated bio-device for mediating sounds that are excited in the inner ear by the hidden membranes of the amplifying headset. The singer translates these private experiences using their vocal apparatus, manifesting their hearing in the act of performance for other listeners....


e_may

Für die Gegenwart der (komponierenden) Frauen

STATEMENT
Sylvia Wendrock

setzte nach abgeschlossenem Studium der Philosophie u. Musikwissenschaft nach Wien über.Verschiedene Tätigkeiten bisher u.a. für den Deutschen Musikrat, Dresden-Hellerau, e_may, Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt, Wien Modern, Donaueschinger Musiktage. Weiters eigene Ausstellungen u. Kunstprojekte im öffentlichen Raum.

Um mitzugestalten und dem Mangel an Aufführungsmöglichkeiten weiblichen Werkschaffens etwas entgegenzusetzen, gründeten Komponistin Pia Palme und Performerin Gina Mattiello 2007 das "Mini"Festival e_may, wie sie es selbst bezeichneten, welches nun seit 2007 jährlich stattfinden und sich zu einer mehrtägigen Veranstaltung entwickeln konnte.

Mit dem Ziel, die Qualität und Vielfalt der heimischen, aber auch internationalen Komponistinnenszene sichtbar zu machen, vergeben die Initiatorinnen Aufträge an Komponistinnen und werden nicht müde, für deren Kompositions- und Improvisationsansätze immerfort nach neuen respektive entsprechenden Aufführungs- und Darstellungsformaten zu suchen und dabei nicht zuletzt auch die Erreichbarkeit eines leise wachsenden Publikums zu erweitern. Übliche Konzertrahmen weichen einer nicht nur flexiblen Raum-, sondern auch Verhaltensgestaltung seitens der ZuhörerInnen und -schauerInnen, das Experiment steht im Vordergrund....


"Bare Branches" von Pia Palme

Neue Herausforerung für einen Chor

STATEMENT
Michael Grohotolsky

leitet den Wiener Kammerchor seit 2007. Er ist u.a. Leiter des Chores der Neuen Oper Wien und des Landesjugenchors Wien und unterrichtet an der Musikuniversität Wien. Er erhielt den Förderpreis für "junge Chorleiter des Erwin Ortner Fonds."

Ein Chorsänger ist gewohnt Musik in Form von gedruckten Noten vor sich zu haben. Nicht so bei Pia Palmes Werk Bare Branches. 8 SängerInnen, also 2 pro Stimme waren angehalten mittels Audio-Score den Inhalt wieder zu geben. 4 Solisten (SATB) hatten im Vorfeld ihren Part aufgenommen, diese Stimme wurde nun über einen Kopfhörer eingespielt, ein Sänger jeder Stimmgruppe musste das Gehörte nachsingen, der zweite Singnachbar (ohne Kopfhörer!) sollte die Stimme des Nachbarn dann bestmöglich imitieren, somit ergaben sich spontane "kontrollierte" Echos, keiner der Ausführenden wußte was auf sie zukam....