Vermittlung Magazin

Meine Begegnung mit der Musik Gottfried von Einems

STATEMENT
Walter Kobéra

Einer der führenden Dirigenten zeitgenössischen Musiktheaters. Künstlerischer Leiter und Intendant der Neuen Oper Wien.

www.neueoperwien.at

Im Oktober 2010 erfüllte sich mein langgehegter Wunsch, Gottfried von Einems Dantons Tod zu dirigieren. Schon als Geiger im Tonkünstlerorchester Niederösterreich hatte ich die Gelegenheit die Musik Einems kennenzulernen.

In seinem Opernerstling Dantons Tod – ein Geniestreich – tritt Einems Musiksprache in seiner Unverwechselbarkeit zu Tage. Trotz der für manche als "konservativ", weil tonal gehaltenen Kompositionstechnik, versteht sie es Ausführende wie auch Zuhörer vom ersten Akkord an in ihren Bann zu ziehen. Dabei steht die Melodik, bisweilen bitonal angereichert, im Kontrast zu einer eigenwilligen Rhythmik und Periodisierung.

In Dantons Tod treten diese Attribute besonders in den groß angelegten Zwischenspielen auf, die ein virtuoses Orchesterspiel erfordern. Gleiches gilt für die diese Oper auszeichnenden Chorszenen. In formal stringenter Art gelingt es Gottfried von Einem mit einer auf einer rhythmischen Dynamik basierenden dramaturgischen Musiksprache Höhepunkte zu erzeugen. Die großangelegte Tribunalszene ist hierfür ein geeignetes Beispiel.

Bei der Einstudierung war es wichtig, die Unterschiede in den Solostimmen herauszuarbeiten. Während in der Rolle des Danton der Fokus mehr auf der leidenschaftlichen Kraft des Wortes liegt, überwiegt unter anderem bei Julie die lyrische Komponente. Dem steht der eher psalmodierende Gesang des Gerichtspräsidenten gegenüber.

Eine gewisse Herausforderung ist der Umstand, dass es in Dantons Tod keine das gesamte Werk übergreifende formale oder thematische Disposition gibt. Von Einem hat sich für ein dramaturgisches Konzept entschieden, das den jeweiligen 17 Szenen musikalische Formen und Personen-Themen zuordnet. Dieser Umstand erfordert von der Regie und der musikalischen Leitung einen anderen Zugang, um den großen Spannungsbogen über das gesamte Werk schlagen zu können. Fünf markante Bläserakkorde, die zu Beginn und am Ende der Oper stehen, sind mehr Auftrag denn bloßer Formalismus.